Struktur und Transparenz
- Boris Schweizer
- 24. März 2024
- 2 Min. Lesezeit
Die einzigartige Chance der deutschen Notfallrettung.
Grob dargestellt teilt sich die Welt in zwei unterschiedliche Rettungsdienstsysteme. Zum einen das anglo-amerikanische und zum anderen das fränkisch-angelsächsische System.
Im anglo-amerikanischen System ist der Notarzt grundsätzlich nicht vorgesehen, während im fränkisch-angelsächsischem System nach wie vor der Arzt/ Notarzt dominiert.
Vermutlich trug allein dieser Umstand, wenn auch längst nicht als Alleinstellungsmerkmal zur grundsätzlichen Vorgehensweise bei. Wurde im Einsatz des Notarztes lange auf dessen natürliche Fähigkeiten vertraut, so musste in Einsätzen außerhalb des notarztbasierten Rettungsdienstes eine andere passable Möglichkeit zur Umsetzung moderner Notfallmedizin gefunden werden.
Hierzu boten sich, ermöglicht und katalysiert durch verschiedene Formate (wie ATLS) letztlich standardisierte und strukturierte Ablaufe in Diagnostik und Behandlung an.
Und so begannen die sog. Paramedics, vor allem der USA, bereits früh mit dem Einsatz von Standard Operation Prozederes (SOP) im Einsatzdienst.
Dies spiegelte sich auch in der weiteren Ausbildung der Einsatzkräfte wider.
So wurde großer Wert auf Automatismen und Regeln für den Einsatzdienst gelegt, und der Einsatz somit weit weniger individuell als z.B. durch einen Arzt abgearbeitet.
Parallel hierzu entwickelten sich in Europa die Einsatzunterstützungskräfte (Sanitäter) mehr und mehr zu Fachleuten. Durch die starke Fokussierung auf Ärzte und somit die klinischen Aspekte der Notfallrettung aber, wurde insbesondere die Lehre der Krankheiten (Krankheitslehre) zentriert.
Und so standen sich bis in die frühen 2000 Jahre zwei gewachsene Systeme gegenüber.
Auf der einen Seite, die Paramedics mit festen Einsatzregeln, aber ohne ein tieferes Verständnis der einzelnen Krankheiten selbst und auf der anderen Seite die europäischen Einsatzkräfte mit starker klinischer Bildung, jedoch ohne jede Einheitlichkeit.
Bis zur Novellierung des deutschen Rettungsdienstes.
Aufgrund verschiedenster Umstände wurde neben dem notarztbasierten System in Deutschland ein Paramedicsystem aufgebaut.
Die ehemaligen Assistenten des Notarztes im Einsatz (Rettungsassistenten) sollten, quasi über Nacht, selbstständig heilkundlich arbeiten.
Hierzu entschied man sich letztlich auf die Erfahrungen der Paramedics zurückzugreifen und per Generaldelegation, Einsatzkräfte nach festgelegten Standards und Regeln auszubilden und arbeiten zu lassen.
Somit wurde ein auf der Welt einzigartiges System an moderner klinischer Bildung mit festen Einsatzregeln geschaffen, welches sowohl die Masse der klassischen Notfälle wie auch höchst individuelle Einzelfälle professionell und nach dem gegenwärtig gültigen Stand der Wissenschaft begegnen kann.
Dies bietet der deutschen Notfallrettung eine einzigartige Chance.
Dieser Blog widmet sich im ersten Teil der Beiträge daher vor allem den bekannten medizinischen Standards in Diagnostik und Behandlung.
Aufgezeigt werden soll der möglichst ungefilterte und klare Einsatzablauf in der Notfallversorgung. Zudem werden bestehende Mythen aufgeklärt.
Willkommen bei Primus Medicinae.